Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Svenja Schulze: Klimaschutz, Innovation und Beschäftigung – dieser Dreiklang ist für mich der Maßstab für mögliche
Konjunkturprogramme. Das Ziel der Klimaneutralität ist ein Kompass für den Weg heraus aus der Coronakrise.
Rede der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Svenja Schulze,
eingangs der Befragung der Bundesregierung vor dem Deutschen Bundestag am 6. Mai 2020 in Berlin:
Sie merken es im Moment, dass im Zentrum aller Gedanken, aller Anstrengungen natürlich die Coronapandemie
steht, der Schutz von Gesundheit und Leben, und das ist auch völlig zu Recht so.
Der coronabedingte Shutdown hat unsere Wirtschaft in vielen Teilen quasi zum Erliegen gebracht, aber je mehr
es gelingt, die unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu verhindern, desto mehr wird das öffentliche Leben
auch Schritt für Schritt wiederhergestellt.
Dieser Neustart bringt auch wirklich die Chance auf ein soziales, auf ein ökologisches Update unserer
Volkswirtschaft. Diese Chance, gestärkt aus dieser schwierigen Zeit herauszukommen, müssen wir unbedingt
nutzen.
Was heißt das nun konkret? Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Folgen der Krise noch nicht wirklich komplett
absehbar. Es kann noch niemand ein seriöses Gesamtkonzept aus der Tasche ziehen. Aber ich will Ihnenvier
Beispiele für den Beginn der Diskussion nennen, was wir tun können und wie konjunkturelle Hilfen
Innovationen, Arbeitsplätze, Klimaschutz gleichzeitig fördern können:
Erstens.Konjunkturhilfen bieten uns die Chance, unser Energiesystem schneller zu modernisieren. Dazu gehören
der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Aufbau moderner Strom- und Wärmenetze, die Förderung von
Energiespeichern.
Zweitens.Konjunkturhilfen können unsere Industrie effizienter, nachhaltiger und damit auch zukunftsfester
machen, durch den Einsatz und die Förderung von Grünem Wasserstoff zum Beispiel für Alu-, für Zement- und für
Stahlwerke.
Der drittePunkt, der mir ganz besonders wichtig ist: Unsere Kommunen müssen trotz der Einnahmeausfälle in
Milliardenhöhe weiter investieren können. Deswegen halte ich ein Investitionspaket für den kommunalen
Klimaschutz für erforderlich. Davon könnte dann auch der öffentliche Nahverkehr profitieren.
Ein letzterPunkt. Im Mobilitätssektor gibt es großen, nachholenden Modernisierungsbedarf. Die
Automobilbranche soll natürlich Schlüsselindustrie in Deutschland bleiben, so wie sie es heute ist; das sage
ich auch als Umweltministerin. Eine Innovationsprämie zur Förderung alternativer Antriebe kann ein Weg sein,
die Autoindustrie nicht nur gegen Corona, sondern auch im Klimawandel krisenfester zu machen. Aber wir müssen
auch über das Auto hinausdenken. Bahn, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr brauchen ebenso Impulse für ein
klimaverträgliches Verkehrssystem.
Also: Klimaschutz, Innovation und Beschäftigung – dieser Dreiklang ist für mich der Maßstab für mögliche
Konjunkturprogramme. Das Ziel der Klimaneutralität ist ein Kompass für den Weg heraus aus der Coronakrise.
Die Europäische Kommission hat schon vor Corona einen solchen Weg aufgezeigt. Mit dem European Green Deal
ist die richtige Antwort auch auf aktuelle Herausforderungen gegeben. Die Umsetzung des European Green Deal
will ich während der deutschen Ratspräsidentschaft vorantreiben.
In der letzten Woche hatte ich Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt zum Petersberger Klimadialog
eingeladen. Viele Länder bereiten schon Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft nach der Krise vor. Der
Klimaschutz spielt dabei eine ganz zentrale Rolle, und das sollte er auch in Deutschland tun.
Hinter der akuten Krise, die wir im Moment erleben, verschwinden langfristige Aufgaben nicht. Die
Erderhitzung geht weiter. Das spüren wir jetzt gerade an dem viel zu warmen April. Das sehen wir an viel zu
trockenen Wäldern und Äckern. Unser Einsatz für den Klimaschutz muss daher weitergehen.
Sie alle hier haben einen großen Anteil an diesem Prozess – mit Entscheidungen zum Bundeshaushalt und
entsprechenden Gesetzen, etwa zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Deswegen freue ich mich jetzt auf den
Austausch und darauf, mit Ihnen gemeinsam das Land nicht nur aus der Krise zu führen, sondern auch in eine
bessere Zukunft.
Ja, ja, der Shutdown war schlimm, aber haben Sie mal über die aktuellen Lockerungen nachgedacht? Denn wie man es jetzt macht, macht man es wohl verkehrt, zumindest raunen die Experten das nächste Bedrohungsszenario ins Medienecho: Die Lockerungen triggern eine zweite Welle, die zweite Welle löst einen Shutdown 2.0 aus, härter, länger, und die Wirtschaft säuft endgültig ab. Merken Sie was?
https://www.spiegel.de/wirtschaft/corona-krise-wirtschaftsinstitut-warnt-vor-zu-schnellen-lockerungen-a-693d07d6-697c-42ef-844d-577018bcee28
„Sie merken es im Moment, dass im Zentrum aller Gedanken, aller Anstrengungen natürlich die Coronapandemie steht, der Schutz von Gesundheit und Leben, und das ist auch völlig zu Recht so.“ <- nun ja, anzumerken ist hier, dass der Schutz von Gesundheit und Leben zwar eine der Aufgaben des Staates ist, aber zumindest in Deutschland Gesundheit und Leben – bei aller Krisenrhetorik – nicht das höchste, nicht das ultimative Schutzgut unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung ist. Denn das Grundgesetz beginnt bekanntlich mit "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Genau da liegt die Krux, ein würdevolles Leben (oder erkrankt sein oder Sterben) kann mit den aktuellen Maßnahmen nicht immer und überall garantiert werden, und genau wo das der Fall ist, gehen die Maßnahmen zu weit.
Zu weit gehende Maßnahmen lassen sich aber nicht nur in der Pandemiebekämpfung ausmachen, sondern auch bei dunkelgrünen Umweltschutzmaßnahmen. Die Würde des Menschen bedeutet nichts weiter, als dass der Mensch niemals bloßes Objekt staatlichen Handelns sein darf. Niemals, nicht zur Bekämpfung einer Pandemie, nicht zum Retten der Polkappen oder gleich des ganzen Planeten. Daran sollten sich unsere Politiker mal erinnern, oder erinnert werden.