Wirecard: Bafin setzte sich bei Leerverkaufsverbot über Bedenken der Bundesbank hinweg

Die Bundesbank hat frühzeitig Bedenken gegen das umstrittene Leerverkaufsverbot auf Wirecard-Aktien geäußert, konnte sich damit aber bei der Finanzaufsicht Bafin nicht durchsetzen.

Das geht aus einem internen Vermerk der Bundesbank hervor, der sich in den Akten findet, die dem Wirecard-Untersuchungsausschuss übermittelt wurden. Das Papier liegt dem Handelsblatt vor. Die Bundesbank betont in dem Dokument mehrfach ihre von der Argumentation der Bafin abweichende „skeptische Einschätzung“.

„Am Freitag, dem 15.02.2019, informierte die Bafin gegen Mittag die Bundesbank über eine möglicherweise bevorstehende leerverkaufsbeschränkende Maßnahme mit Bezug auf Aktien der Wirecard AG“, heißt es in dem Papier. Die Bundesbank führte daraufhin verschiedene Analysen zur Wirecard-Aktie durch. Während die Bafin eine „ernstzunehmende Bedrohung für das Marktvertrauen in Deutschland“ aufgrund von Spekulationen gegen die Wirecard-Aktie witterte, sah die Bundesbank keinen Handlungsbedarf. „Die Bundesbank informierte die Bafin darauf hin telefonisch informell (gegen 20:30 Uhr), dass sie diese Einschätzung nicht teile und die damalige Kursentwicklung (…) keine Ausstrahlungseffekte auf andere in Deutschland börsennotierte Finanztitel hätte“, heißt es in dem Vermerk weiter. „Damit lagen keine Anhaltspunkte vor, die auf Risiken für die Finanzstabilität gedeutet hätten.“

In der Folge habe die Bafin „erstmals“ staatsanwaltschaftliche Ermittlungen als Hintergrund für die geplante Maßnahme erwähnt. Die Zentralbank reagierte prompt: Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch telefonierte mit der zuständigen Bafin-Direktorin Elisabeth Roegele, die offenbar erneut auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen verwies, aber keine Details offenlegte. „Vizepräsidentin Buch machte vor diesem Hintergrund gegenüber Frau Roegele deutlich, dass die Bundesbank wegen fehlender Zuständigkeit und Informationen sich nicht zum Sachverhalt äußern könne“, wird in dem Vermerk referiert. Die Bafin verzichtete in der Folge auf die Einholung einer förmlichen Stellungnahme der Bundesbank.

„Mit der Strafanzeige gegen Journalisten und dem Leerverkaufsverbot für Wirecard-Titel hat die Bafin den Finanzmarkt komplett in die Irre geführt“, sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar. „Bei Anlegern und Banken entstand der Eindruck, bei Wirecard sei trotz aller Gerüchte alles in Ordnung, so dass das Unternehmen den Geldgebern immer neue Milliarden aus den Rippen leiern konnte.“ Der FDP-Obmann im Wirecard-Untersuchungsausschuss kritisierte die Rolle der Finanzaufsicht. Die Bafin habe „offenbar sogar die fachlichen Bedenken der Bundesbank beiseitegeschoben“, sagte Toncar.

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