SAP-Aufsichtsratschef Hasso Plattner hat die Strategie des langjährigen Vorstandschefs Bill McDermott kritisiert.
„Keine Frage: Bill McDermotts Zukaufstrategie hat der SAP kräftig Schwung gegeben“, sagte er am Tag vor der virtuellen Hauptversammlung des Softwareherstellers dem Handelsblatt. Dabei habe der Amerikaner jedoch zu lange auf Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit gesetzt.
„Die Idee, alle einfach selbständig und eigenverantwortlich laufen zu lassen, mag wirtschaftlich sogar noch Sinn gemacht haben. Das provozierte ja eine gewisse Wachstumsdynamik.“ Aber das reiche nicht, betonte der Mitgründer, der noch rund sechs Prozent der Aktien hält: „Technologisch haben wir trotzdem nicht die richtige Entscheidung getroffen. Das hat uns eineinhalb bis zwei Jahre gekostet, mental aber noch weit mehr.“
Zahlreiche Kunden fordern, dass SAP die verschiedenen Programme miteinander integriert. Für den Softwarehersteller ist die durchgängige Abbildung von Geschäftsprozessen traditionell ein wichtiges Verkaufsargument. „Die Integration, die funktioniert bei SAP immer noch nicht komplett“, sagte Plattner jedoch. „Das ist leider ein Fakt.“
An diesen Problemen sei auch das Führungsduo aus der Amerikanerin Jennifer Morgan und dem Deutschen Christian Klein letztlich gescheitert: „Die Diskussionen um die Strategie der SAP ist seit Jahresbeginn immer langsamer geworden“, beobachtete Plattner. Da seien „zwei Kulturen aufeinandergeprallt, die sehr unterschiedlich sind“. Die beiden Manager hatten im Oktober nach dem Abschied von McDermott gemeinsam die SAP-Führung übernommen.
Die SAP durchläuft gerade einen wirklich harten Prozess. In letzter Zeit gab es viele Veränderungen in der Welt. Herr Platter war ein großartiger Chef, aber er muss auch auf die Befehlsempfänger hören. Er ist jetzt schon zu lange an der Macht.
Die Berufung von Morgan an die Vorstandsspitze hatte Schlagzeilen gemacht. Bei der Ernennung nach dem überraschenden Abgang von Ex-Chef Bill McDermott habe er noch gedacht, die Doppelspitze von Morgan mit dem nun allein amtierenden Christian Klein sei das ideale Führungsmodell, sagte der 76-jährige Plattner. „Doch die Diskussionen um die Strategie der SAP sind seit Jahresbeginn langsamer vorangekommen als gedacht.“
Quelle: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/sap-hasso-plattner-verteidigt-schnelle-trennung-von-jennifer-morgan-a-3778dda8-6dc6-4e55-8ab6-cdfbd5c1057a