Das Kräfteverhältnis im deutschen Bankensektor wird sich nach Einschätzung der Bundesbank im Zuge des Brexits deutlich verändern.
„Bei einigen globalen Banken, die ihren Europasitz im Zuge des Brexits nach Frankfurt verlagert haben, ist die Bilanzsumme bereits jetzt so groß wie die einer mittelgroßen deutschen Landesbank“, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling im Handelsblatt-Interview. „Wenn die Institute wie geplant weitere Geschäfte verlagern, werden sie schon bald in die Spitzengruppe der deutschen Banken vorstoßen. Es wird also bedeutsame strukturelle Veränderungen des deutschen Bankenmarkts geben.“
Laut Wuermeling haben Finanzinstitute schon bis Ende 2020 Geschäfte mit einem Volumen von 675 Milliarden Euro vom Vereinigten Königreich nach Deutschland verlagert. „Und diese Zahlen können sich schnell vervielfachen.“ Frankfurt habe sich im Wettbewerb mit anderen Standorten bisher gut entwickelt, doch das sei nur eine Momentaufnahme, sagte der Bundesbank-Vorstand. „Wohin das Geschäft aus London längerfristig wandert, wird sich erst in den kommenden Jahren entscheiden.“
Wenn Deutschland eine führende Rolle im europäischen und weltweiten Finanzmarkt spielen wolle, müsse es auch das Notwendige dafür tun, mahnte Wuermeling. „Frankfurt hat das Potenzial, der Ankerfinanzplatz in der EU zu werden, aber dafür müsste eine Reihe von weiteren Weichenstellungen vorgenommen werden.“ Dabei gehe es unter anderem um Rechtsfragen bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um steuerliche Sachverhalte sowie um eine gute Infrastruktur für die Menschen, die von auswärts nach Deutschland kommen.