Spitzenpolitiker sehen Social Media Konten kritisch

Grünenchef Robert Habeck warnt vor den negativen Folgen des Twitterns. »Man ist immer verführt, einen drüber zu machen. Jeder will, dass sein Video oder Text geteilt wird«, sagte Habeck dem SPIEGEL. »Es gibt eine immanente Verführung, zehn Prozent mehr zuzuspitzen, mindestens. Der Ansporn, einen Tick unsachlicher zu sein, liegt im Medium begründet.«

Der Grünenpolitiker ist im Januar 2019 bei Twitter – und auch bei Facebook – ausgestiegen. »Ich habe meinen Ausstieg nie bereut«, sagte Habeck. »Ohne Twitter fehlt mir gar nichts.« Die Ablenkung, immer draufgucken zu müssen, die Sucht, sich selbst auf Twitter zu checken, die habe er nicht mehr, sagte der Politiker. »Ich habe Zeit, Konzentration und auch Selbstbewusstsein gewonnen.« Habeck beklagte, die »Vertwitterisierung« habe auch den noch laufenden Wahlkampf geprägt und vergiftet.

Auch die SPD-Politikerin Sawsan Chebli kritisiert die Entwicklung der Plattform. »Auf Twitter sehe ich heute überwiegend Destruktion«, sagte Chebli dem SPIEGEL. Es gebe Tage, da könne sie ihre Timeline kaum ertragen. »Nicht nur bei Shitstorms, sondern auch dann, wenn alle übereinander herfallen, sich beschimpfen und bepöbeln. Die Bubbles haben sich in den letzten Jahren radikalisiert«, kritisierte Chebli. »Wer mit seiner Meinung mal abweicht vom Korridor des Erlaubten, wird von den eigenen Leuten angemahnt.« Es sei eine Twitterpolizei unterwegs, die genau schaue, wer wen like oder retweete.

Nach SPIEGEL-Informationen gab es in der Vergangenheit Überlegungen, Bundeskanzlerin Angela Merkel einen eigenen Twitter-Account zu verschaffen. So gab es Vertraute, die sie mehrfach drängten, ihre Twitter-Abstinenz zu überdenken und sich einen eigenen Account zuzulegen. Es soll Strategietreffen auf höchster Ebene gegeben haben, ihr Umfeld soll sogar eigens ein Testkonto angelegt haben, mit dem Merkel sich ausprobieren konnte. Am Ende beendete sie diese Experimentierphase aber und entschied sich gegen einen eigenen Account.

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